Die Geschichte der Kunstflieger

Erste Aufzeichnungen Stammen aus der A´ín i Akbarí (Band1, Kapitel 220 u. 221) dem dritten Teil der Reichschronik Akbars des Großmoguls von Indien. Verfasser ist Shaikh Abū al-Fażl (1551–1602) der dessen Berater, Chronist und Historiograf war.

Hier die englische Übersetzung der Kapitel, aus dem persischen.

 

 

Die Flugtauben im 16. Jahrhundert in Indien
Ein Artikel von von Walter Stettler

 


Vor etwa tausend Jahren gab es in jenem Teil Asien mittlere und grössere Königreiche.
Die Paläste der Herrscher waren alleinige von Kultur und Festlichkeiten – und hier finden wir eine gepflegte Liebe zu den Tauben.....

 

Allein der eigenartigen Flug der Tauben in grossen Schwärmen sowie eine verständliche Vorliebe für diese oder jene bunte Farbenzeichnug trugen wesentlich zur Taubenzucht im alten Indien bei.
Vom Anfang des 16 Jahrhunderts wurde die indischen Lebensverhältnisse besser....

 

Das Leben wurde freier und die Taubenzucht nahm merklich zu.
Der Herrscher AKBAR und sein Premierminister Abul Fazl sind es gewesen, die uns die zuverlässigsten Berichte über die Taubenwesen Indiens hinterlassen haben.

 

Dieser Bericht ist das bei weitem grösste Werk, das über die mohammedanische Geschichte von Indien vorhanden ist.
Der Schah Akbar nannte das Taubenfliegen „Liebesspiel“; für die Zuschauer war es ein Vergnügen.

 

Danach hatten die Tauben (man schrieb das Jahr 1580) einen hohen Grad von Flugfertigkeit erreicht.
Händler brachten sehr schöne Exemplare in grosser Zahl herbei. Eine gut abgerichtete Taube bläulicher Farbe, die einst dem Khan i Azam Kokaltash (Akbars Stiefbruder) gehörte, kam in den Besitz Akbars...

 

Unter den Nachkommen jener Tauben fanden sich die ausgewählten Tauben der damaligen Welt...

 

Hausgezüchtete Tauben wurden stets abgerichtet. Einige wurden in Bastkäfigen gehalten, bis sie stärker geworden waren und sie sich an ihren Aufenthaltsort gewöhnt hatten. Sobald beides erreicht war, erhielten die Tauben nur noch ein Drittel oder ein Viertel ihrer Taubenfuttermenge und wurden allmählich an Hunger gewöhnt, und man erlaubte ihnen, frei zu fliegen. Sie führten alsbald in der Luft vierzig Umdrehungen aus. Aber es wurde ihnen noch keine grosse Beachtung geschenkt. Während der Mauserzeit (zwei Monate) durften die Tauben nichts ins Freie. Nach der Mauser kamen sie wieder in den Flugdienst. Diese Zeit war die Beste, um ihre Fähigkeit erkennen zu können. Sobald die Tauben ausdauernd sich fliegend überschlugen, wurden sie von Akbar begutachtet, und vier Monate wurden sie in guter Form gehalten...

 

Es wurde nur der volle Überschlag vor oder rückwärts als Kunstflug anerkannt. Das Drehen in der Längsachse war unerwünscht. Es gab Tauben die mit dem Rücken nach unten und die Beine nach oben Runden flogen...

 

Einige wurden durch die andauernden Überschläge verworren und kamen überschlagend auf den Boden zurück. Zur Akbars Zeiten schien das eine unerwünschter Nachteil, heute bewundern wir diese Tauben als Bodenpurzler. Abul Fazl erwähnt eine Taube aus dem Stamm „Khacah“. Diese vollführte neben fünfzehn Überschlägen noch ungefähr siebzig Rundflüge auf dem Rücken, jeden Zuschauer war Entzücken...

 

Akbar liess bis zu hundert rollende Tauben gleichzeitig fliegen. Oft stiessen die Tauben zusammen und fielen hernieder...

 

Akbar Tauben waren so abgerichtet, dass man sie nicht nur in grosser Höhen, sondern auch bei Nacht fliegen liess. Bei seinen Reisen durchs Land wurden Akbars Tauben mitgenommen. Die Taubenschläge wurden durch Träger befördert. Hin und wieder liess man die Tauben heraus; sie flogen auf, kamen herunter, ruhten eine Weile und stiegen dann in überrollenden Flügen wieder auf. Nach dem sie sich müde geflogen hatten , besetzten sie ihre Schläge, bekamen Körner und die Reise ging weiter...

 

Abul Fazl schätzt die Tauben am Hofe auf über zwanzigtausend.  (wenn eine Taube 30g Futter im Tag bekam, haben die zwanzigtausend Tauben im Tag 600 kg Futter benötigt und im Jahr  ca. 219 Tonnen !) Etwa fünfhundert von ihnen waren ausgewählte Flugkünstler...

 

Akbar schaute auf die Verschiedenheiten und die Farben der Federn an den Füssen der Tauben. Er liess ein Buch anfertigen, in dem in systematischer Folge aller Merkmale niedergeschrieben wurde. Danach unterschied er zehn ver-schiedene Klassen und liess für jede Klasse einen Taubenschlag erbauen...

 

Mancher armer Inder, der bemüht war, sein Glück zu machen, hatte in den Abrichtung von Tauben die Möglichkeit ein reicher Mann zu werden. Ein Paar Tauben der zweiten Klasse hatten einen Wert von 3 Rupien. In den nachfolgenden Klassen wurde das Paar mit 2.1/2 Rupien – 1.1/2 Rupien, in der letzten Klassen unter 1/2 Rupien...

 

Die Inder, die die Taubenschläge Akbars betreuten, bezogen ihren Lohn aus der Armeekasse. Der Sold eines Fusssoldat betrug 2 bis 48 Rupien je Monat...

 

Abul Fazl erwähnt die Tauben, die am Schnabel und am Hinterkopf Federbüschel trugen, so dass der Kopf einer Blume glich. Weiter berichtet er von stumpf-schwänzigen und fächerschwänzigen Tauben. Andere hatten kurze Flügel, weisse Kehlen, geperltes Kopfgefieder oder waren grossköpfig. Da schwarze Augen eine Besonderheit war, werden die meisten Tauben damals perläugig gewesen sein. Als Sonderheit war die „Kokah – Taube“ mit ihrer Stimme, die wie der Ruf zum Gebet tönte. Das war die Trommeltaube...

 

Von der „K`herni – Rasse wird berichtet, dass die Täuber im Einzelflug so hoch flogen, dass man sie nicht mehr sah. Wurde die Täubin in einem Käfig hinaus gelassen, kam der Täuber im Sturzflug herunter...

 

Um Nachrichten zu befördern, hatte man geeignete Rassen, aber auch andere konnten leicht dazu abgerichtet werden. Die „Nishawari – Taube“ folgte ihren Käfig, wohin er getragen wurde...

 

Die „Parpa – Taube“ hatten federbedeckte Füsse und bliesen ihren Kropf auf; sie flogen gradlinig davon, als könnten sie ihr Ziel anvisieren. Viele Tauben wurden wegen der Färbung gehalten...

 

Mit den Tauben mit denen nicht geflogen wurde, flogen täglich auf die Felder, bei der Rückkehr erhielten sie Salzwasser zu trinken, das bewirkte, dass sie das gefressene erbrachen. Diese Körnern wurden gesammelt und den wertvollen Jungentauben gefüttert...

 

Im alten Indien erhielten die festgehaltenen Tauben ca. 15 - 20 Gramm Körnerfutter. In der Zuchtzeit bekamen sie 25-30 g. Tauben die  im Flugdienst waren erhielten im Tag 40g. Sieben verschiedene Körner Arten. Das Hauptfutter-mittel war Reis, Hirse und Weizen...

 

Wenn die kaiserlichen Tauben flogen und sich in der Luft tummelten, pflegte Akbar in Ekstasen zu geraten. Dabei verfolgte er die Flüge seiner Tauben so verzückt, dass er nichts anders mehr im Sinn hatte. Drehten und wendeten sich seine Tauben im Sonnenlicht, verglich er dies mit dem wandelbaren Glück. Seine Tauben rollten vor und rückwärts...

 

Die „Kabuli-Taube“ vollführte einige Überschläge, von Natur aus...

 

Akbar hat die Taubenhaltung in seiner Residenz volkstümlich gemacht...

 

Abul Falz berichtet, dass im Iran wie auch in Turan Tauben nur von der gleichen Rasse verpaart wurden. Kaiser Akbar paarte verschiedene Rassen zusammen...

 

Während die meisten Tauben 12 Steuerfedern besassen, hatten „Nisavra-Tauben“ 32-42 Schwanzfedern. Tauben die aus Persien und der asiatischen Türkei gebracht wurden, hatten 16 und 32 Steuerfedern. Die ersten sind die Ahnen unseren Pfauentauben und die letzteren sind die Vorfahren unseren Rollertauben...

 

Keiner unsere Tümmler Rasse ist fähig auf dem Rücken fliegend durch die Luft zu eilen.  Das ist deshalb so, weil wir mit den Drogen nicht vertraut sind, die die Perser anzuwenden wussten, um die Flugkünste ihrer Tauben zu steigern.

 

Nun stellt sich die Frage, besteht das Abrichten der Tauben das immer erwähnt wurde und die grosse Leistung in dem man die Tauben unter Drogen setzte ?

 

Als typisch indische Rassen gelten: Lahore, Mookee, Lowtans, Gola, Roller, Pfauentauben, Goolee und Mondins...

 

Aus dem persischen-syrischen Kulturkreis gingen neben Tümmler, Bagdetten, Warzentauben, Burcharische Trommler Tauben, Libanons Tauben, Damascener und Beyruther Tauben...

 

Viele Tümmler Mitteleuropas blieben unerkannt in den Anfängen der Taubenzucht während des 17. und 18. Jahrhunderts.

 

In der Monatszeitschrift „The Zoologist“ Heft XII, 1886 wird über die Kunst des Abrichtens von Tauben im Orient erstmals in Europa berichtet.

 

 

 

 

Text: Walter Stettler CH Binningen gefunden auf  www.flugtippler.ch

 

 

Hier noch ein schöner Bericht von Walter Stettler über die Taubenhaltung von den alten Ägyptern bis ins 21.Jhd. als PDF